Der unaufhaltsame Aufstieg des Eisenbahn-Giganten August Borsig Eisenbahnen aus Berlin für die Welt
August Borsig aus Breslau war ein deutscher Eisenbahnpionier im 19. Jahrhundert. In den Borsigwerken in Berlin Tegel entstanden tausende Dampflokomotiven für den Weltmarkt. Heute befinden sich Einkaufszentren, Unternehmen und Hotels in den alten Fabrikhallen
August Borsig aus dem schlesischen Breslau
Johann Friedrich August Borsig wurde 1838 in Breslau geboren. Sein Vater war Zimmerpolier sowie Kürassier. Er absolvierte eine Lehre als Zimmermann und besuchte zeitgleich die Kunst- und Bauhandwerksschule in seiner Heimatstadt. Im Anschluss an seine Ausbildung ging er an die königliche Gewerbeinstitut in Berlin und Leipzig unter der Leitung von Peter Christian Wilhelm
Beuth. Jedoch brach er bereits nach 1 1/2 Jahren seine Ausbildung ab und bewarb sich stattdessen für eine Stelle bei Franz Anton Egells in dessen Neuen Berliner Eisengießerei. Dieser hatte sich bereits als einer der ersten Privatunternehmer ab 1822 selbständig gemacht. Sein Betrieb in Berlin Tegel hieß im Volksmund „Egells Eisenhammer“ (ab 1836/37). Doch schon nach kurzer Zeit musste seine Fabrik aus Platzgründen von der Mühlenstraße 59 (Berlin Pankow) in die Chausseestraße 3 in Berlin Mitte umziehen. Zuvor war Industrie-Pionier Egells Angestellter in der staatlichen Eisengießerei und Maschinenbauanstalt der „Königlichen Seehandlung“ (Invalidenstraße 92), die 1815 die erste deutsche Dampflok baute.
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Borsig wird zum Vorzeige Angestellten
Der keineswegs schüchterne und intelligente Borsig machte sichtlich Eindruck auf Egells. Obwohl dieser gerade von der Schule geflogen und schon 21 Jahre alt war (damals ein hohes Alter für einen Auszubildenden), erhielt er eine Anstellung. Als Maschinenbau Lehrling wurde Borsig in der Folgezeit zur wichtigen Säule des Betriebs. Rasch befördert, mauserte er sich zum Spezialisten für Dampfmaschinen die in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckten. Zudem wusste er bald alles über diese Technik, zeichnete eigene Entwürfe und verbesserte diese auch fortlaufend. Ein Jahr nach seiner Heirat mit Louise Pahl kam sein einziger Sohn Albert Borsig zur Welt. Nach Erfüllung seines Vertrages bei Egells, schaute sich Borsig ab 1836 nach einem geeigneten Grundstück für eine eigene Schlosserei um. An der Stadtmauer in der Torstraße 32 in Berlin Mitte wurde er fündig. In der folge investiere der Breslauer all sein Erspartes und legte los.
22. Juli 1837: Die Geburtsstunde der Borsigwerke
Für eine eigene Dampfmaschine und ein Gebläse reichte es zunächst jedoch nicht aus. Stattdessen halfen ihm Soldaten der benachbarten Kaserne mit einem Blasebalg aus. Am 22. Juli 1837 gelang ihm dann der erste Guss, zeitgleich das offizielle Gründungsdatum der Firma Borsig. Der Firmenchef war außerdem wild entschlossen, der erste Fabrikant einer zuverlässigen Dampflokomotive aus deutscher Produktion zu werden. Englischen Modelle von Sharp, Roberts & Co. oder US-Amerikanische Marken wie die von Norris, Philadelphia hatten immer noch die Nase vorn. Preußen war bemüht seinen Rückstand bei der Lokomotiven-Technik aufzuholen und förderte die eigene Eisenbahnindustrie tatkräftig. Als Vater dieser Aufholjagd galt der damalige „Vater der preußischen Gewerbeförderung“ Christian Beuth. Doch bevor die erste Eisenbahn gebaut werden konnte, musste seine Firma klein anfangen. So nahm er Kontakt zum Comitée der Eisenbahnanlagen zwischen Berlin und Potsdam auf und erhielt so einen ersten Auftrag zur Herstellung von 116.200 Schrauben in 5/8 Zoll.
Borsigs erste Dampflok entsteht
Nach sechs Monaten lieferte er diese fristgerecht ab. Doch August Borsig dachte schon einen Schritt weiter. Und so kaufte er vorsorglich schon mal ein Grundstück für eine größere Fabrik in der Chausseestraße 1 (Berlin Mitte). Dort wollte er endlich mit dem Bau von Lokomotiven beginnen. Als ein Schlüsselereignis gilt die Reparatur zweier defekter US-Dampflokomotiven (America und Prussia) für die Berlin Potsdamer Bahn. Borsig hatte diesen Auftrag angenommen, mit der Bedingung die Konstruktionspläne erhalten zu dürfen. Die indirekte Wirtschaftsförderung in Preußen funktionierte und Borsig erhielt die Pläne. Nun konnte er beide Lok-Modelle eingehend studieren und erhielt zusätzlich noch die richtigen Werkzeuge von Geheimrat Beuth. Anders als die Berliner Ingenieure Franz Anton Egells, Kofahl und der Sachse Schubert, orientierte Borsig sich am US-amerikanischen Norris Modell, da er dessen Technik für überlegen hielt.
Basis des Aufschwung war das Modell „Norris“
Die erste betriebsfähige Dampflok war jedoch kein Modell von Borsig sondern die Saxonia von Schubert (1838 Eisenbahnlinie Dresden-Leipzig). Der Nachbau der Saxonia kannst du dir heute im Verkehrsmuseum in Dresden ansehen. Borsig tüftelte währenddessen weiter an einem eigenen Modell. Jedoch kopierte er nicht einfach die Norris Dampflok, sondert verbessert das Modell mit seinem engsten Mitarbeiter Wöhlert grundlegend. So erhielt seine Lokomotive einen längeren Kessel und drei statt zwei Laufachsen für eine höhere Leistung. Die erste Lok aus seiner Fabrik erhielt den Namen „Borsig“ und wurde unter den Augen König Wilhelm IV. im Stettiner Bahnhof 1843 vorgeführt. Nach man einen anfänglichen Sabotage-Akt aufdecken und beheben konnte, brauste die Lok zischend davon.
Die Gründer der AEG und Linde sind Lehrlinge bei Borsig
Bereits drei Jahre nach diesem Erfolg lieferte Borsig bereits 119 Lokomotiven pro Jahr an seine Kunden aus. Doch auch andere Waren wurden gefertigt. So etwa die berühmte Havelbrücke bei Potsdam, die ebenfalls aus den Borsig Werken stammt. Um Kostenvorteile zu realisieren, machte der Firmenchef sich schnell von Zulieferbetrieben unabhängig. Hierzu errichtet Borsig u. a. ein Eisenwerk in Moabit am Ufer der Spree. Schon kurze Zeit später arbeiteten 300 Schmiede an 750 Feuern gleichzeitig in den Werken. Gearbeitet wurde von Mo-Fr von 6-18 Uhr unter ordentlichen und sauberen Bedingungen. Der Lohn war gerecht, die Arbeit dennoch hart. In den Fertigungshallen entstanden mitunter 15 Lokomotiven gleichzeitig. Große Unternehmer-Persönlichkeiten begannen Ihre Karriere bei Borsig. So Emil Rathenau, der Gründer der AEG sowie Carl Linde, der Pionier der Kältetechnik.
Der Sohn Albert Borsig übernimmt die Geschäfte
August Borsig war bodenständig und typisch berlinerisch. Er gab nicht viel auf den Adel und so errichtete er seine Villa nicht etwa in der feinen Wilhelmstraße sondern in Altmoabit Nummer 5 nahe dem Werk. Ab 1854 machte sich Borsig zusätzlich von Kohlelieferungen unabhängig, in dem er drei schlesische Kohlebergwerke übernahm. Im selben Jahr und nach der Fertigstellung der 500 Lok verstarb der Firmenpatriarch August Borsig in Berlin. Fortan führte sein 25 jähriger Sohn Albert Borsig den Montankonzern weiter. Unter ihm wurde die Produktion auf über 3.000 gebaute Lokomotiven gesteigert. Albert verbesserte die Produktion und stellt die ersten Hochöfen 1865 in Schlesien in Dienst. Nur Sieben Jahre später folgten die ersten Stahlwerke mit Siemens-Martin-Hochöfen. Jedoch erlag auch Albert, wie schon sein Vater zuvor, einem Herzkrankheit (1878).
Die Borsigwerke am Tegeler See entstehen
In der Folgezeit führten Verwalter das Unternehmen weiter und dabei verlor der Betrieb leider seine Spitzenstellung im Lokomotivbau. Erst ab 1897 übernahmen Alberts Söhne Arnold, Ernst und Konrad das Kommando und führten die Borsigwerke zu einer neuen, späten Blüte. Die veralteten Anlagen in Moabit wurden geschlossen und am Tegeler See entstand ein neues modernes Werk. Die Brüder sicherten die Zukunft des Unternehmens, in dem Sie mit der Herstellung von Heißdampf Lokomotiven begannen.
1918 lieferten die Borsigwerke ihre 10.000 Dampflok aus. Nach dem 1. Weltkrieg geriet die Firma in der Weltwirtschaftskrise in Schieflage. Durch eine Fusion mit der AEG konnte das Unternehmen jedoch gerettet werden. Ab wurden die Borsig Lokomotiv-Werke an die Firma Rheinmetall und die Reichswerke Hermann Göring aufgeteilt (1936-1938).
Eisenbahn Fertigung im 3. Reich
Im Dritten Reich entstanden erneut Borsig Eisenbahnen, die man zusammen mit dem AEG-Konzern in Hennigsdorf bei Berlin fertigte. Darunter befanden sich auch so berühmte Modelle wie die stromlinienförmige Dampflok 05 002, die mit 200 km/h schnellste Dampflok der Welt. Nach dem Krieg lag das Werk in der Sowjetischen Besatzungszone. In der Folge wurden alle Maschinen demontiert und nach Russland verschickt. 1950 wurde die Borsig AG als Tochter der Rheinmetall AG neu gegründet und wechselt 1956 zur Salzgitter AG, sowie 1970 schließlich zur britischen Babcock AG. Als die Firma 2002 Insolvenz anmeldete, wurde die hoch profitable BORSIG GmbH in Berlin Tegel neu gegründet. Heute nach 180 Jahren beschäftigt die BORSIG Gruppe als Anlagenbauer wieder 600 Mitarbeiter und gehört zur malaysischen KNM Group Berhad.
Der Borsigturm aus Backstein war Berlins erstes Hochhaus
Neues Leben in den alten Werkshallen
Auf dem ehemaligen Borsig Werksgelände wurden mittlerweile viele Technologie-Firmen angesiedelt. So gibt es ein großes Gründerzentrum mit vielen Startup Unternehmen und auch die German University in Cairo (GUC) hat sich in den alten Fabrikhallen angesiedelt. Daneben sind viele Hallen zu Einkaufszentren und Kinos umgebaut
worden und konnten so erhalten bleiben. Somit schließt sich der Kreis von Unternehmensgründung der Vergangenheit zur Gegenwart in diesen schönen Backsteinanlagen. Im Deutschen Technikmuseum in Berlin kannst du eine Borsig Lokomotive mit dem Namen „Beuth“ besichtigen. Es handelt sich um die Lokomotive mit der Werksnummer 24 von 1844, die man 1912 detailgetreu rekonstruierte.